Weiterdenken erwünscht, auch wenn’s weh tut
Irgendwas stimmt da nicht auf dieser Welt, auf UNSERER Welt. Jugendliche merken und wissen sehr wohl, dass sich das Klima aktuell massiv verändert und in den nächsten Jahrzehnten die Folgen immer spürbarer werden. Aber derzeit, mitten in Deutschland, lässt es sich noch gut mit diesem Wissen leben, wenn man nicht allzu viel darüber nachdenkt.
Aber kann man einer 15 jährigen einen Vorwurf machen, dass sie sich nicht täglich um das Weltklima sorgt und daher nicht immer nachhaltig handelt oder sich politisch engagiert?
Die Schule hat ihr vermittelt, dass Gletscher schmelzen und es zu mehr Überschwemmungen kommen wird aber nicht was man konkret dagegen tun sollte.
Ihre Eltern ziehen Politiker zur Verantwortung, um das Problem Klimawandel zu lösen. Die Politiker erwecken den Eindruck, das Problem ließe sich immer weiter von einer Klimakonferenz auf die nächste verschieben und die Werbemaschinerie bastelt eine Konsumwelt, als gäbe es kein Morgen.
„Mangel an Information“ – lautet die Diagnose vieler Klimaschützer. Der Gedankengang, dass mehr Wissen über die globale Erwärmung ein verändertes Handeln hervorrufen wird, ist sicherlich richtig, aber verdrängt auch, unter welchen unterschiedlichen Einflüssen gerade junge Menschen stehen und in welchen Zwickmühlen sie sich befinden.
Wenn ich auf eine neue Jeans verzichte, weil die Herstellung bis zu 8.000 l Wasser benötigt und ich guten Gewissens lieber die abgelegten Klamotten meiner älteren Geschwister trage, gelte ich dann als uncool? Verlachen mich meine Kumpels, wenn ich einen Gemüsespieß statt eines Steaks auf den Grill lege? Einen anderen Schwierigkeitsgrad erreichen die Entscheidungen im Studium, bspw. bei der Überlegung, ob man auf dem Arbeitsmarkt überhaupt etwas wert ist, wenn man nicht mindestens ein Auslandssemester und ein Praktikum auf einem anderen Kontinent vorweisen kann. Wer auf klimaschädliche Flüge verzichtet, bleibt in Deutschland und wird mitunter von dem Gefühl beschlichen, sich für seinen unexotischen Lebenslauf entschuldigen zu müssen.
Alleine aufzustehen und sein Verhalten zu ändern ist nicht leicht. Besonders Jugendliche haben es da schwer. Wenn sich aber in der Gesellschaft etwas ändert und alle mitanpacken, dann kann der Tropfen auf dem heißen Stein zu einem Meer anschwellen. Und der Blick auf das Meer kann beeindruckend sein. Zum Beispiel der Blick auf ein Meer von Anti-Atom-Demonstranten, die sich zu Zehntausenden am Berliner Hauptbahnhof versammeln und unbeeindruckt vom niederpeitschenden Regen ihr Ziel und ihre Hoffnung auf eine Welt ohne Atomenergie nicht aus den Augen verlieren.