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Jutta Franzen | Mit Transmedia Storytelling Nachhaltigkeit kommunizieren

Transmedia Storytelling

Was bringt Transmedia Storytelling für die Kommunikation von Nachhaltigkeit und Transformation?

Dieser Frage bin ich in meinem Beitrag zum Fachworkshop Nachhaltigkeit. Klimawandel. Transformation. Mediale Kommunikationskonzepte und Kommunikationspraxis.  nachgegangen.

Ansatzpunkte sind für mich die Eigenschaften, die Transmedia Storytelling auszeichnen und von anderen Erzählweisen unterscheiden.

Transmedia Storytelling

… ist das Erzählen von Geschichten über mehrere Medien hinweg – online wie offline.

… entspricht der Vielfalt alltäglicher Erfahrung und der heutigen Medienlandschaft und –nutzung.

… erreicht ein aktives Publikum, das am Erzählen partizipiert.

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  • Transmedia Storytelling ist das Erzählen von Geschichten über mehrere Medien hinweg.

Es wird nicht eine Geschichte in drei Akten – Anfang, Krise, (Happy End) – erzählt, sondern Transmedia Storytelling ist serielles Erzählen, dessen Dramaturgie über vielfältige Geschichten und Medien entwickelt wird.

Jede der Geschichten trägt einen anderen Inhalt oder Aspekt zu einer gemeinsamen Geschichtenwelt bei. Erst aus diesen vielfältigen Geschichten fügt sich eine big story zusammen, die nicht als einzelner, linearer, in sich abgeschlossener Text vorliegt.

Transmedia Storytelling

Das ist der Unterschied von Transmedia zu Multimedia oder Crossmedia, wo eine identische, bereits abgeschlossene Geschichte über verschiedene Medien nur mehr verbreitet wird.

Transmedial werden innerhalb einer gemeinsamen Geschichtenwelt einzelne, vielfältige Geschichte erzählt und zwar in dem Medium, das ihren Inhalt am besten zu vermitteln mag.

So kann z.B. eine persönliche Geschichte als Blogbeitrag erzählt werden, das Erlebnis einer Reise als Foto – Album, ein Gespräch als Podcast und eine Aktion im Video. Offline Medien, wie Zeitung, Flyer, Poster, Bild- Postkarte und auch das Event vor Ort, ein Spiel, eine Performance oder eine Aktion gehören ebenfalls zur Medienvielfalt, in der die Geschichten erzählt werden.

Online und offline Medien unterstützen sich wechselseitig, indem sie aufeinander verweisen.

Die Herausforderung bei einem Transmedia – Projekt ist, die Geschichtenwelt so zu umreißen, dass sie offen genug ist, um Vielfalt der Geschichten, Ergänzungen und Vertiefungen zu ermöglichen und zugleich eine „big story“ entstehen zu lassen, die mehr als die Summe ihrer Teile.

Hierzu wird ein Kanon entwickelt. ein Set von Regeln, das die Geschichtenwelt umreißt und auf das sich alle Geschichten beziehen.

Dazu zählen Angaben zu Zeit, Ort, Personen, Ereignissen, aber auch Meinungen, Botschaften, Tonalität oder eine gemeinsame Metapher. So kann z.B. eine Person, eine Heldin oder Held, in allen Geschichten auftreten und das auch offline, indem sie etwa eine Aktion leitet oder für ein Gespräch zur Verfügung steht.

Der Kanon ist Grundlage für eine implizite Dramaturgie, die den seriellen Zusammenhang der Geschichten erkennen lässt und den einzelnen Geschichten Authentizität verleiht.

Die Rezipienten können Bezüge zu ihrem Wissen, ihren Erfahrungen und Emotionen herstellen. Sie werden motiviert, sich in die Geschichten einzulassen, indem sie sich z.B. mit Personen, aber auch mit Botschaften identifizieren. Hieraus können sich Übertragungen in den eigenen Alltag und Veränderungen in Denkmustern und Handlungsweisen ergeben.

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  • Transmedia Storytelling ist eine Erzählweise, die alltäglicher Erfahrung und der heutigen Medienlandschaft und –Nutzung entspricht:

Alltag wurde schon immer vielfältig erlebt und kommuniziert: von Angesicht zu Angesicht, über Ort und Zeit hinweg in Mund-zu-Mund Erzählungen, als geschriebenes Wort, in Bildern, in Liedern, Musik etc.

Durch die technologische Entwicklung hat sich diese Vielfalt so gesteigert, dass wir potentiell 360°, d.h. überall und immer von Medien umgeben sind. (Jenkins 2006; 2009)

Wir können der Medienvielfalt und Informationsfülle nur mit verteilter Aufmerksamkeit (Löffler 2013) und einer aktiven Auswahl begegnen.

Transmedia Storytelling kommt als Erzählweise diesem Verhalten entgegen, indem es mit den verschiedenen Medien optionale Zugänge in seine Geschichtenwelt anbietet („entry points“/ „rabbit holes“), die einem rundum und jederzeit begegen können.

„ … a story that exists all around you all of the time … On your laptop, your mobile phone, on your sidewalks, as a secret message hidden in your favorite song or while standing at the bus stop on your way to work.“ Tom Kring, Conspiracy For Good 2010

Die NutzerInnen können wählen, den Geschichten in ihrem bevorzugten Medium zu folgen, aber auch Verknüpfungen („bridges“) zwischen den Geschichten und Medien aufgreifen, so dass sich die „big story“ auf unterschiedlichen Pfaden erschließt.

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  • Transmedia Storytelling spricht ein aktives Publikum an.

Durch die Medienvielfalt der Geschichten werden unterschiedliche Nutzergruppen erreicht und zum Einstieg in die Geschichtenwelt bewegt.

Je mehr NutzerInnen die Geschichten aktiv teilen und durch eigenes Erzählen zur „big story“ beitragen, umso überzeugender und in ihren Botschaften wirksamer kann diese werden.

Eine genauere Vorstellung der Ziel-/Interaktionsgruppen, die man mit Transmedia- Projekt erreichen möchte, lässt sich mit dem Persona – Konzept entwickeln.

Wie ein Profiler entwirft man eine idealtypische Person, die man mit der Geschichtenwelt ansprechen und zur Partizipation motivieren möchte.

Basierend auf empirischen Daten (Studien, Statistiken, User Experience)  beschreibt man die Persona so realistisch wie möglich, indem fiktionale Elemente ergänzt werden:

Die Persona erhält einen Namen und ein Bild; ihr werden Interessen an Aktivitäten und Themen zugeordnet, und es wird über ihre bevorzugte Mediennutzung nachgedacht.

Mit dieser Beschreibung der Persona vor Augen, erfolgt die Überlegung: Welche Geschichten können für diese Persona „entry points“, Zugänge in die Geschichtenwelt sein? Mit welchem Medium erreiche ich sie? Welcher Inhalt spricht ihr Interesse an?

In einem weiteren Schritt kann eine Persona auch Teil des Kanons werden, indem sie in jeder Geschichte als Akteur oder Nebenfigur auftritt. Damit wird nicht nur die Kohärenz der Geschichte und das Bilden der „big story“ unterstützt, , sondern die Authentizität der Geschichten verstärkt und die Bereitschaft zum „Eintauchen“ in die Geschichtenwelt.

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  • Transmedia Storytelling – was bringt es für die Kommunikation von Nachhaltigkeit und Transformation?

Als Geschichtenwelt umrissen, bleibt das Themenfeld Nachhaltigkeit und Transformation offen für Ergänzungen, Diskussionen und Partizipation. Die „big story“ wird durch das Erzahlenvon vielen und ihr vielfältiges Wissen gemeinsam entwickelt. (Collective Intelligence, Robustes Wissen)

Komplexe Sachverhalte werden in einzelnen, überschaubaren Geschichten vermittelt, die durch Authentizität und Alltagsbezug überzeugen, zum Mitdenken und –handeln motivieren, Zukunftsvisionen ermöglichen.

Vielfältige Zielgruppen werden durch Medienvielfalt erreicht und über ihre Interessen, Aktivitäten angesprochen und aktiv in die Geschichtenwelt Nachhaltigkeit und Transformation eingebunden.

Literatur

Henry Jenkins (2006): Convergence Culture, N,Y,/London, NYU Press

Henry Jenkins (2009): New Media Landscape, Highest Common Denominator Media Group [2014-09-15]

Christine Lang (2011): Implizite Dramaturgie in der Fernsehserie Breaking Bad [2014-09-15]

Petra Löffler, Verteilte Aufmerksamkeit. Eine Mediengeschichte der Zerstreuung. Zürich, Berlin: Diaphanes 2014

Die Zielgruppe erkennen mit dem Persona-Konzept , marktding.de, 2014 -05-15 [2014-09-15]

Mehr:

Jutta Franzen, Storytelling | Chance für die Nachhaltigkeitskommunikation. Vortrag. [pdf] Fachkonferenz Qualitäten der Nachhaltiogkeitskommunikation, Hochschule der Populären Künste HdpK, Berlin, 29.01.2015

Zotero KMGNE Library Transmedia Storytelling (TMS)

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