Zum Inhalt springen

Deutschland – ein Entwicklungsland – Die SDGs als Zwischenziele zu einer gerechten und nachhaltigen Weltgemeinschaft!

Bei der Umsetzung der Globalen Nachhaltigkeitsziele braucht es nicht nur in Deutschland eine Priorisierung, in der wir verschiedene Ebenen unterscheiden müssen, sondern eine globale. Natürlich ist es wichtig Hunger zu reduzieren, aber was ist hierbei die gemeinsame Basis? Welche Ziele sollten zunächst erfüllt sein, damit andere wirklich ganzheitlich angegangen werden können? Welche sind eher vordergründig als “Prestige-Ziele” zu sehen, nachhaltig und effektiv nur durch ein ganz anderes System zu bewerkstelligen? Dafür müssen zunächst ein paar grundlegende Fragen beantwortet werden.

Was ist die geistige Basis einer gerechten und nachhaltigen Weltgemeinschaft?

Damit Menschen gemeinschaftlich und kohärent handeln, braucht es gute Bildung und Aufklärung, die sich für ein Weltbürgertum einsetzt. Es braucht Menschen, die sich als globale Bürger begreifen und Verantwortung für sich, die Gesellschaft und unsere Umwelt übernehmen – ob im ländlichen oder im städtischen Gebiet.

Das SDG4 ist hierbei als „Bildungsziel“ zu nennen, wird jedoch nicht explizit genug. Es bleiben die Fragen offen: Worum geht es eigentlich im Bereich von Bildung? Welche Parameter sind wichtig?

Sowohl Kinder als auch Erwachsene müssen in einer nachhaltig ausgerichteten Bildung Grundlagen wie die Bedeutung von Menschenrechten kennenlernen. Sie brauchen persönliche Erfahrung und einen hohen Reflexionsgrad im Bereich menschlichen Miteinanders und sollten eine Antwort in Bezug auf die Frage nach Verantwortung für sich, für die Gesellschaft und die Welt entwickeln. Da dies eine generationenübergreifende Angelegenheit ist, muss auch Erwachsenenbildung viel mehr gefördert und in den Fokus gerückt werden. In Deutschland sieht sich über 50% der erwachsenen Bevölkerung als “ausgelernt” an. Es braucht also nicht nur an Schulen zielgerichtete und ansprechende globale Bildungsformate, sondern auch in Altersheimen, Werk- und Arbeitsstätten…etc.. Diese Formate sollten auch einen direkten Bezug zum alltäglichen Arbeitsleben und seiner globalen Wirkung herstellen. Wie sind die heutigen Dynamiken der Welt zu verstehen? Was bewirke ich jeden Tag mit meiner Arbeitskraft, meinem Konsum und Lebensstil? Was kann ich direkt tun, um mehr Verantwortung für die globale Lage zu übernehmen? Auch in Altersheimen gibt es viel geistiges Potential, welches ausgeschöpft werden kann – gerade bei Menschen die noch etwas in der Welt bewirken wollen und denen Enkeltauglichkeit durchaus wichtig ist. Integrative Mehrgenerationswohnformen können viel bewirken, da der Lerneffekt nicht einseitig ist. Es kann sich eine Gemeinschaft bilden, so sowohl Sozial- , als auch Umweltkompetenz befördert.

Im ländlichen Raum Deutschlands braucht es hierbei im Bereich globaler Bildung tendenziell noch mehr größere Perspektiven, um vorhandene geistige Grenzen abzubauen. Während im städtischen Raum zwangsläufig mehr Offenheit durch die Konfrontation der verschiedenen Lebenswelten entsteht, gibt es auf dem Land wenig wissenschaftlich-betreuten, bildenden Umgang mit brennenden Themen wie Flüchtlingsproblematik, Umweltzerstörung, Klimawandel oder Energie- und Ernährungswende.

Ohne Bildung in Bezug auf unsere globale Lage und unsere damit einhergehende Verantwortung werden wir jedoch nicht zu einer nachhaltig handelnden Menschheit werden. Dabei muss Bildung die Balance finden, einerseits die globale Dringlichkeit zu vermitteln andererseits aber auch den lokalen Nutzen und Möglichkeiten herauszustellen. Sonst entsteht das Gefühl der Überforderung und am Ende tut sich nichts (aktuell wissen eigentlich alle, dass es schlimm ist, und dennoch tut sich zu wenig).

Was ist die physische Basis einer gerechten und nachhaltigen Weltgemeinschaft?

Landwirtschaft ist zentral für unser Leben. Aus ihrer Frucht, den Nahrungsmitteln, können wir Menschen unser Grundbedürfnis nach Nahrung stillen. Was jedoch braucht es, um diese langfristig und effizient betreiben zu können? – Es braucht zunächst die Einhaltung unserer Planetarischen Grenzen und damit einhergehend eine Stabilität unserer Ökosysteme. Wenn diese Basis für Alle wegbricht, Können auch andere SDG nicht mehr verfolgt werden, wie etwa Hunger- und Armutsbekämpfung. Wir müssen schlicht die Organe der Erde am Leben erhalten, denn auf einem toten Körper können wir nicht existieren. Das zweite SDG ist also ein wichtiges Ziel einer globalen Weltgemeinschaft, braucht aber als Grundlage den Schutz unserer Ökosysteme, das SDG15.

Neben vereinzelten städtischen Initiativen wird Naturschutz, Landwirtschaft und Artenvielfalt hauptsächlich im ländlichen Raum relevant. Um eine ganzheitliche Vorgehensweise garantieren zu können, braucht es auch in diesem Bereich zunächst eine gute Kenntnis und Förderung der Grundlagenforschung. Er ist zudem selbstverständlich stark verbunden mit der Bekämpfung des Klimawandels und der Sicherung von Artenvielfalt.

Als konkretes Beispiel spielt dabei die nachhaltige Landwirtschaft eine tragende Rolle. Unter anderem sollten alle relevanten Ökosysteme, die Bodenqualität sowie das Klima durch sie geschützt werden. Demnach ist die Nutzung von Düngemittel, Herbiziden und Pestiziden sowie die Abhängigkeit fossiler Energieträger und klimaschädlicher Produktionsweisen (bspw. Massentierhaltung) zu hinterfragen und Alternativen zu finden. Dafür sind Rahmenbedingungen zu geben: regulierende Gesetze, Anreizsysteme (CO2- und Stickstoff-Steuer für Nahrungsmittel) und Maßnahmen wie beispielsweise Pufferstreifen, um landwirtschaftliche Flächen zum Schutz der Ökosysteme, sind nötig. Ferner muss der Etablierung von Monokulturen und der Nutzung wertvoller landwirtschaftlicher Flächen zur Energieerzeugung bzw. der reinen Futtererzeugung für Nutztiere entgegengewirkt werden. Dazu muss sich die europäische und auch die deutsche Förderlandschaft ändern. Noch immer werden Großbetriebe gefördert und kleinere Betriebe können sich nicht halten. Die Änderung der Förderlandschaft hätte einen starke Auswirkung auf den ländlichen Raum, dieser könnte mehr Aufschwung erleben, durch eine regionalere Produktionsweise.

Diese Handlungsstränge starten im ländlichen Raum, münden jedoch schließlich auch in internationale Zusammenarbeit. Der globale Gedanke bedeutet im landwirtschaftlichen Bereich, dass die eigene Produktion nicht mehr für den Export subventioniert werden darf, da dies anderen Ländern erschwert, der eigenen Produktion nachzugehen. Nur wenn alle Länder die gleichen Möglichkeiten haben, eine nachhaltige Landwirtschaft zu fördern, kann Umwelt- und Klimaschutz gelingen und eine tatsächliche Transformation hin zu einer nachhaltigen Gesellschaft ermöglicht werden.

Wie kann all dies so effizient wie möglich umgesetzt werden?

Um eine kohärente und globale Nachhaltigkeitsentwicklung zu realisieren und dabei so effizient wie möglich vorgehen zu können, braucht es die Stärkung globaler – , aber auch die Förderung von sogenannten „Multi-Akteur“ -Partnerschaften. Das letzte SDG tritt auf die Bühne.

Zunächst scheint das SDG17 wenig bis keine Relevanz in Bezug auf Anforderungen, die sich für deutsche Rahmenbedingungen, Strukturen, Produktionsweisen und Lebensstile im ländlichen Raum ergeben, zu haben. Bei genauerer Betrachtung entpuppt sich dieses letzte SDG jedoch als eines der wichtigsten Ziele, um sinnvoll zum Handeln zu kommen.

„Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“ – mit diesem Ausspruch beschrieb schon Aristoteles den Grundsatz der Synergie. Es geht hierbei also längst nicht nur um die noble Geste partnerschaftlichen und gemeinsamen Vorgehens, nein, es geht schlicht um Effizienz und – wie es in den SDG’s überall vorkommt – um kohärentes globales Handeln. Nun betrifft dieser Grundsatz Globaler Partnerschaften nicht nur die Ebene internationaler Politik wie z.B. die Mobilisierung finanzieller Mittel, Kapazitätsaufbau im Bereich der sogenannten Entwicklungsländer oder die Förderung gerechter und nachhaltiger Handelsbedingungen. Auch der Bereich sogenannter systemischer Fragen wird im Zuge des SDG17 genannt. Im Unterpunkt 17.17 heißt es wörtlich: “Die Bildung wirksamer öffentlicher, öffentlich-privater und zivilgesellschaftlicher Partnerschaften aufbauend auf den Partnerschaften und Mittelbeschaffungsstrategien bestehender Partnerschaften unterstützen und fördern.”

Wie kann dies nun gelingen?

Insbesondere an der Schnittstelle zwischen den sogenannten „Grassroot-Bewegungen“ und Politik können in hohem Maße innovative und entscheidende Strategien hin zu einer stabilen und nachhaltigen Entwicklung generiert werden. Es muss dabei von allen politischen und administrativen Seiten ein partizipativer und hochtransparenter Dialog gesucht werden, um auch in zivilgesellschaftliche Kreise vorzudringen. Man sollte dabei „auf Augenhöhe“ kommunizieren, um gemeinsam die nächsten Schritte zu besprechen, kreative Ideen zu fördern und neue spannende Formate zu entwickeln. Es sollten Multiplikatoren gefunden und gefördert werden, welche verschiedene soziale Schichten und Bewegungen ansprechen, ländliche Regionen mit städtischen Perspektiven in Kontakt kommen und vice versa, regionale mit nationalen und internationalen Ebenen in Austausch gelangen…etc.. All dies kann jedoch nur gelingen, wenn klar umrissene und allgemein verständliche Strukturen entwickelt werden und wahrhaft nach Zusammenarbeit im Sinne eines kleinsten gemeinsamen Nenners gesucht wird. Hierfür muss – man kann es nicht anders sagen – insbesondere von der Politik wirkliche Beziehungsarbeit geleistet werden. Wie können wir eine konstruktive und authentische Gesprächskultur in unserem System etablieren? Welche Formate eignen sich am besten hierzu? Wie kann gegenseitiger Respekt und produktiver Austausch gefördert werden?

Nur so kann das volle Potential einer offen ausgerichteten gemeinsam handelnden Gesellschaft ausgeschöpft und Multi-Akteur-Partnerschaften entstehen.

Das Wort “Mittelbeschaffungsstrategie” kreist zudem längst nicht nur um die Beschaffung von Sachmittel wie Geld, Technologie und Baumaterial handelt. Insgesamt läge hierbei der Fokus viel zu sehr auf Geld. Geld spielt zwar eine grundlegende Rolle in unserer Welt und dem System des Kapitalismus, aber Motivation und Begeisterung können so nicht vermittelt werden. Es gibt – auch in Deutschland – unglaublich viele Menschen, welche von Leidenschaften angetrieben sind, sie aber nicht sinnvoll umsetzen können. In jedem Wissenschaftler, jedem überzeugten Sozialarbeiter – überall da wo es nicht primär darum geht, Geld oder Prestige zu gewinnen, gibt es eine eigene Faszination etwas in der Welt und Gesellschaft zu bewegen. Diese zu fördern kann ungeahnte Energie freisetzen! Sie schlummert überall.

Für eine grundsätzliche Veränderung ist anstatt Geld viel eher eine Grundversorgung, eine Grundsicherheit, wichtig. Eine bestimmte Lebensqualität soll für alle Menschen bereitgestellt sein. Hierfür gibt es viel mehr Möglichkeiten der Absicherung als das momentan als alternativlos hingestellte Lohn-Arbeitssystem. Das Modell des Bedingungslosen Grundeinkommens ist nur eine von vielen Möglichkeiten. Oder einfach eine Grundvergütung für ehrenamtliche, nachhaltige Arbeit. Es braucht neue Instanzen, konsequente, zielgerichtete Umsetzung, um Menschen zu empowern.  Die Angst der Politik vor systemischen Veränderungen hemmt Pilotprojekte – mehr Mut, vielleicht auch zu versagen – wäre gut. Letztlich zeigen private Initiativen zum Grundeinkommen, welche sich über Crowdfunding finanzieren, dass die Menschen ein starkes Gemeinschaftsgefühl besitzen und die Welt ein Stück besser machen wollen. Die Energien, Kräfte und Wünsche wohnen jedem einzelnen von uns inne: Für eine geeinte Menschheit, die Verantwortung für Sich, die Gesellschaft und unseren Planeten übernimmt!