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Berlinale: Lehn dich zurück und lass die Welt regenerieren

2040

Vom 07-17.02. findet die alljährliche Berlinale statt und ich hab vorbeigeschaut, um zu sehen, welche Filme nachhaltige Zukunftsvisionen bereitstellen und Antworten auf die momentane Klimakrise liefern. Der Film „2040“ vom australischen Regisseur Damon Gameau feiert Weltpremiere und folgt dem Credo: „Wir haben alles, was wir jetzt gerade brauchen, um es möglich zu machen.“ Na das klingt doch einfach.

Natürlich ist der Kampf gegen den Klimawandel gemeint. Filme darüber gibt es wie Sand am Meer, doch was macht diesen Film attraktiv? Join the Regeneration, heißt es auf dem Filmplakat. Der Zoo Palast war voll mit jungen Menschen, was auch daran liegen könnte, dass die anschließende Fragerunde von einer der deutschen Initiatoren des „Fridays for Future“ Klimastreiks begleitet wurde- Luisa Neubauer. Außerdem ist der Film Teil der Reihe Generation KPlus, die extra auf die Bedürfnisse des jungen Publikums eingeht.

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Aufgebaut ist die Dokumentation als eine Art visueller Brief an die 4-jährige Tochter des Regisseurs, wodurch das Publikum immer wieder vom Jahr 2019 ins Jahr 2040 reist, um mögliche Lösungen für nachhaltige Energiegewinnung, Verkehr und Landwirtschaft aufzuzeigen. Inspirationen dazu fand der Regisseur und Protagonist Damon in verschiedenen Initiativen weltweit. Unter anderem reist er nach Bangladesch, wo eine Gemeinde Photovoltaik Platten an jedes Haus angebracht hat. Somit können die einzelnen Haushalte entscheiden, ob sie all ihren gewonnenen Strom nutzen, oder an die anderen Dorfbewohner*innen verkaufen. Die dezentrale Struktur fördert die Stabilität des Stromnetzes, sowie die Gemeinschaft und finanzielle Stärke des Dorfes.

Verkehrstechnisch betrachtet der Film die mögliche Nutzung von autonomen Fahrzeugen und deutliche Reduzierung der Kraftwagen durch „Carsharing“, um den so gewonnenen Platz für Grünflächen und „Urban Gardening“ zu verwenden.

Neben einer vom Staat subventionierten, ökologischen Landwirtschaft und dem sinkenden Fleischkonsum thematisiert 2040 auch die maritime Permakultur. Durch den Anbau von Seetang kann viel Kohlenstoff in relativ kurzer Zeit gebunden werden.

Zuletzt spricht die Dokumentation auch über die Bedeutung von Bildung, insbesondere für Mädchen und Frauen. Armut ist sexistisch: 130 Millionen Mädchen weltweit gehen nicht zur Schule, was nicht nur individuell dramatisch ist, sondern sich auch auf das Bevölkerungswachstum und die Wirtschaftsleistung auswirkt.

Neue Impulse?

Trotz allem ist während der gesamten Dokumentation allgegenwärtig, dass junge Menschen die Zielgruppe abbilden, da beispielsweise Interviewpartner*innen spielerisch auf Windräder gesetzt werden und Kinder von ihren Zukunftsvisionen erzählen- was dem einen gefallen mag, für andere aber auch schnell überzeichnet wirken kann. Ich persönlich musste während der Kinderinterviews schmunzeln, fand den Beitrag zur Stärkung von Frauen wichtig, aber konnte im Endeffekt keinen neuen Input gewinnen. Es wurden zu wenig Netzwerke gesponnen und ich bekam keinen Handlungsdrang, sondern wurde 90 Minuten lang mit Animationen und süßen Kindervideos bei Laune gehalten. Selbst für einen, auf die junge Generation zugeschnittenen Film, scheint mir das zu einfach.

Und wie hat das Publikum reagiert?

IMG_0055Es gab keinen tobenden Applaus, aber meiner australischen Sitznachbarin und den Schüler*innen in der Reihe hinter mir hat der positive Ansatz, Lösungen aufzuzeigen, gefallen. Bei der Fragerunde erklärte der Regisseur, er glaube, dass negative Informationen, die Gefühle wie Angst und Sorge auslösen, nur hemmend wirken für Aktivismus und Kreativität. Ich glaube, dass der Film sehr euphemistisch mit den aktuellen Problemen umgeht und die Dringlichkeit der Klimakrise untergräbt. Als deutsches Beispiel für Klima Aktivismus wurde Luisa Neubauer eingeladen, die, inspiriert von der Schwedin Greta Thunberg, mit tausenden Schüler*innen und Studierenden jeden Freitag für eine effektive Klimapolitik streikt und nach dem Film zur Fragerunde hinzustoß. Eine 17-Jährige Fridays for Future Demonstrantin fragte, was nach den Demos passieren würde, was sie noch tun könne. Daraufhin entgegnete Luisa, dass es momentan ein spannender Prozess sei und es nun nötig wäre, Dialoge aufzubauen, um die Zukunftsvisionen der jungen Menschen in die Politik einzuflechten und diesem „Irrsinn“ ein Ende zu bereiten. Hinter mir sitzt eine Gruppe junger Schüler*innen, die laut jubeln.

Beendet wird die Fragerunde mit Luisas Aufruf zum nächsten Klimastreik: 15.02, 12:00 Uhr im Invalidenpark. Na endlich taucht bei mir ein Gefühl von Hoffnung auf.